
Ein neue Studie zeigt, dass es zu einer Störung des Stoffwechsels bei chronischen Darmentzündungen kommt.
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa gehen mit rezidivierenden Durchfällen, Fieber, Schmerzen und erheblichen psychischen Belastungen einher. Trotz moderner Therapien spricht nur ein Teil der Patient*innen ausreichend auf bestehende immunmodulierende Medikamente an.
Da CED auf einer fehlgesteuerten Immunantwort basieren, fokussieren etablierte Therapien primär auf das Immunsystem. Dennoch bleiben viele Verläufe therapieresistent, was auf zusätzliche pathophysiologische Mechanismen, insbesondere im Bereich des Stoffwechsels, hinweist. Ein Forschungsteam der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, hat nun gezeigt, dass der Metabolismus zwischen Wirt und Darmmikrobiom bei CED signifikant gestört ist – ein bislang unzureichend beachteter Aspekt der Erkrankung.
Ihr zentrales Ergebnis: Die Stoffwechselaktivität sowohl im Darmgewebe der Betroffenen als auch im Darmmikrobiom ist dramatisch reduziert und dabei eng miteinander verknüpft.
Energieversorgung und Kommunikation zwischen Wirt und Mikrobiom brechen zusammen
Professor Christoph Kaleta und sein Team konnten zeigen, dass es bei CED zu einem Zusammenbruch der metabolischen Wechselwirkungen zwischen Wirt und Mikrobiom kommt. Diese gestörte Kommunikation trägt dazu bei, dass wichtige Schutzmechanismen versagen und Entzündungen weiter verstärkt werden.
Das Team beobachtete unter anderem, dass bestimmte Stoffwechselprodukte – etwa Tryptophan und Cholin – im Blut der Patient*innen deutlich vermindert waren. Diese Substanzen sind notwendig für die Produktion wichtiger Energieträger der Zellen: NAD und ATP. Gleichzeitig veränderte sich auch die bakterielle Verwertung von Aminosäuren und Ballaststoffen, deren Abbauprodukte als Energielieferanten für die Darmzellen dienen.
Das Mikrobiom produziert durch die verringerte Stoffwechselleistung weniger notwendige Nährstoffe. In Folge müssen die menschlichen Darm- und Immunzellen ihren eigenen Stoffwechsel umstellen. Hierdurch geraten sowohl der Stoffwechsel als auch das Immunsystem der an CED erkrankten Person aus dem Gleichgewicht. Das mache eine Therapie dieser Erkrankungen besonders komplex, so die Studienautor*innen.
Individuelle Ernährung als Teil der Therapie
In der Studie simulierten die Forschenden mithilfe von Computermodellen, ob sich gezielte Veränderungen in der Ernährung auf das gestörte Stoffwechsel-Gleichgewicht auswirken könnten. Hir testeten sie u.a. die Reduktion von bestimmten Kohlenhydraten und Aminosäuren. Ihre Modellierungen deuten darauf hin, dass eine gezielte Umstellung der Ernährung das Mikrobiom verändern und dadurch entzündungsfördernde Stoffwechselprozesse bremsen könnte. Die Ergebnisse zeigen aber auch: Es gibt leider nicht die eine Diät, die die Entzündung wirksam vermindern kann. Die Ernährung muss individuell an den Stoffwechsel der jeweiligen Patientin bzw. des jeweiligen Patienten angepasst werden.
Originalpublikation
Taubenheim J, Kadibalban AS et al. Metabolic modeling reveals a multi-level deregulation of host-microbiome metabolic networks in IBD. Nat Commun 2015; 16: 5120 https://doi.org/10.1038/s41467-025-60233-2.
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